Zero Waste — Einbringungsrede zum Leitantrag: Entsorgen wir die dreckige Stadt

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- Es gilt das gespro­che­ne Wort -

Lie­be Freun­din­nen und Freun­de,

ich muss geste­hen: Vor die­sem Antrag habe ich mich nur sehr wenig mit dem The­ma Müll beschäf­tigt. Wie vie­le von Euch habe ich das Bild von dem toten Wal neu­lich gese­hen. Sein Magen war zu einem Drit­tel mit Plas­tik gefüllt. Er ist elen­dig dar­an gestor­ben.

Natür­lich wuss­te ich, dass es Plas­tik­müll im Oze­an gibt, und auch abs­trak­te Zah­len kann­te ich. Zah­len, mit denen ich aber ein­fach nichts anfan­gen konn­te. 800.000 Ton­nen Rest­müll pro­du­ziert Ber­lin im Jahr. 150 Mil­lio­nen Ton­nen Plas­tik­müll wird in den Mee­ren ver­mu­tet. 311 Mil­lio­nen Ton­nen Plas­tik wer­den jedes Jahr welt­weit pro­du­ziert. Das sind alles Sum­men, die viel zu groß sind, um sie irgend­wie zu fas­sen.

Tat­säch­lich geris­sen hat es mich aber, als ich mit­be­kam, dass die Müll­stru­del jetzt schon Namen haben! Der größ­te treibt sein Unwe­sen im Nord­pa­zi­fik, heißt „Gre­at Paci­fic Gar­ba­ge Patch“ und ist etwas grö­ßer als Mit­tel­eu­ro­pa. Und tat­säch­lich geris­sen hat es mich, als mir klar wur­de, dass ein Drit­tel aller Plas­tik­pro­duk­te gera­de mal fünf Minu­ten benutzt wer­den. Fünf Minu­ten, bevor sie weg­ge­schmis­sen wer­den. Vier Minu­ten Tüte Gum­mi­bär­chen auf­rei­ßen, eine Minu­te essen. Das ist wohl mei­ne Bilanz. Fünf Minu­ten! Und im kras­sen Gegen­satz dazu steht die Zeit, die es dau­ert, bis es abge­baut wird. 20 Jah­re braucht die­se Tüte jetzt ohne Gum­mi­bär­chen. 450 Jah­re sogar die Plas­tik­fla­sche. Das ist doch absurd! Das muss ein Ende haben!

Schon frü­her hieß es: glo­bal den­ken, lokal han­deln! Und genau damit fan­gen wir nun in Ber­lin an! Wir machen Ber­lin von der Müll­dreck­schleu­der zur müll­frei­en Stadt! Das Leit­bild Zero-Was­te wer­den wir jetzt ver­an­kern und jetzt umset­zen, denn wir, wir wol­len die Welt ret­ten, auch aus Ber­lin her­aus.

Und wenn ich lese, dass wir in Ber­lin pro Stun­de 20.000 Ein­weg­be­cher ver­brau­chen, 20.000, pro Stun­de, das sind 480.000 Ein­weg­be­cher am Tag, mehr als 175 Mil­lio­nen im Jahr – nur in Ber­lin! Wenn ich das lese, dann kann ich nur sagen: Die­ser Irr­witz muss ein Ende haben! Und zwar so schnell wie mög­lich! Die Ein­weg-Becher sind ein super Bei­spiel. Die braucht näm­lich kein Mensch. Wirk­lich kei­ne und kei­ner! Solch einen Müll müs­sen wir in Zukunft kom­plett ver­mei­den! Mit der Bet­ter-World-Cup-Kam­pa­gne haben wir genau da ange­setzt und haben gera­de ein ech­tes Pfand­sys­tem für Mehr­weg­be­cher auf­ge­setzt. Und damit Ihr da alle mit­ma­chen könnt, könnt ihr heu­te hier auch einen Mehr­weg-Pfand-Becher bekom­men! Also: Macht mit! Und sagt mit uns zusam­men dem Ver­pa­ckungs- und Ein­weg­wahn den Kampf an. Denn: Der bes­te Müll ist kein Müll!

Und lie­be Freun­din­nen und Freun­de, „macht mit“ ist ein zen­tra­ler Punkt, wenn es um Müll­ver­mei­dung geht. Ihr müsst mit­ma­chen, aber eben auch alle Ber­li­ne­rin­nen und Ber­li­ner. Wir wer­den das nicht par Ord­re du Muf­ti bestim­men kön­nen, dass Ber­lin müll­frei wird. Wir brau­chen da die Unter­stüt­zung der gan­zen Stadt! Und genau des­halb för­dert Ber­lin jetzt auf Druck der grü­nen Frak­ti­on im Abge­ord­ne­ten­haus Initia­ti­ven und zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen, die sich für Müll­ver­mei­dung und Wie­der­ver­wen­dung ein­set­zen mit einer Mil­li­on Euro. Das ist zen­tral, um alle mit­zu­neh­men.

Und lie­be Freun­din­nen und Freun­de, Klein­vieh macht auch Mist! Des­halb machen wir auch vie­le wei­te­re klei­ne­re Pro­jek­te. Und wir stel­len für eine Mil­li­on Euro nun Trink­was­ser­brun­nen auf. Damit die Ber­li­ne­rin­nen und Ber­lin nicht Ein­weg-Plas­tik-Fla­schen kau­fen müs­sen, son­dern ihre Fla­schen kos­ten­los mög­lichst über­all in der Stadt wie­der befül­len kön­nen. Ste­ter Trop­fen höhlt den Stein – und in Ber­lin füllt nun ste­ter Trop­fen die Fla­sche! Frei nach Lori­ot: Ein Leben ohne Müll ist mög­lich und sinn­voll!

Lie­be Freun­din­nen und Freun­de,

ent­schei­dend ist, dass wir den Rest­müll dras­tisch redu­zie­ren und her­un­ter­fah­ren. Das war, ist und bleibt unser Anspruch auch und gera­de weil immer mehr Men­schen in Ber­lin leben! Dafür ist es auch zen­tral, dass alles, was noch benutz­bar ist oder repa­riert wer­den kann, auch wei­ter genutzt und ver­kauft wird. Dazu wer­den wir auch die Ber­li­ner Stadt­rei­ni­gung und das Ber­li­ner Sperr­müll­sys­tem umbau­en. Wir wer­den ein Gebraucht­wa­ren­haus errich­ten, in dem alte Gegen­stän­de neue Nut­ze­rin­nen und Nut­zer fin­den. Denn was der Eine viel­leicht nicht mehr braucht, kann für die Ande­re gera­de rich­tig sein.

Ob Men­schen wie­der­ge­bo­ren wer­den, das wis­sen wir nicht, aber bei Gegen­stän­den, da geht das, da geht die Wie­der­auf­er­ste­hung, da muss man nicht mal glau­ben, da muss man es ein­fach nur machen! Also, machen wir’s jetzt!

Es ist ent­schei­dend, dass wir die BSR hier neu auf­stel­len und zu einem Part­ner machen für eine Stadt frei von Müll. Und ich darf mich hier bei unse­rer Wirt­schafts­se­na­to­rin Ramo­na Pop bedan­ken. Lie­be Ramo­na, als Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­de der BSR beweist du wirk­lich, wie man solch ein Unter­neh­men mit­nimmt in eine neue, moder­ne und öko­lo­gi­sche Zeit! Cha­peau!

Und das ist wirk­lich wich­tig! Nicht nur beim Sperr­müll, son­dern ganz beson­ders bei der flä­chen­de­cken­den Ein­füh­rung der Bio­ton­ne. Hier müs­sen wir ran! Denn wenn wir den orga­ni­schen Abfall nicht aus der Rest­müll­ton­ne bekom­men, ist unser Leit­bild Zero-Was­te nicht zu schaf­fen. Noch immer liegt der Anteil bei 40 Pro­zent Orga­nik im Rest­müll. Das ist doch ein Irr­witz! Das wer­den wir ändern.

Wir wer­den die Bio­ton­ne ent­gelt­frei zur Ver­fü­gung stel­len. Aber Mehr­kos­ten wer­den trotz­dem anfal­len, und die wer­den wir so auf den Rest­müll umle­gen, dass ärme­re Haus­hal­te nicht über Gebühr belas­tet wer­den und dass sich Müll­tren­nen auch ren­tie­ren kann. Und lie­be Freun­din­nen und Freun­de, wer von der Bio­ab­fall­ton­ne spricht, darf von der Ver­gä­rung nicht schwei­gen! Das wird uns sicher auch gleich noch unser Gast Simon Ger­lin­ger vom BUND hin­ter unse­re Löf­fel schrei­ben. Und ja, das haben wir auch im Blick, denn wir wis­sen, dass kom­pos­tie­ren am Ende sogar umwelt­schäd­li­cher ist als ver­bren­nen. Des­halb müs­sen wir ver­gä­ren! Mit der flä­chen­de­cken­den Bio­ton­ne müs­sen wir gleich­zei­tig mit den Pla­nun­gen für mehr Kapa­zi­tä­ten zur Ver­gä­rung begin­nen. Denn nur dann gilt auch beim Abfall: Bio ist bes­ser!

Lie­be Freun­din­nen und Freun­de,

neben dem Leit­bild der Zero-Was­te-Stadt wer­den wir uns aber auch dar­um küm­mern, dass die Parks, Spiel­plät­ze und Stra­ßen sau­be­rer wer­den. Wir wol­len, dass alle – ob klein oder groß, ob jung oder alt – den öffent­li­chen Raum nut­zen kön­nen. Dass Omas die Park­bän­ke haben und Kin­der ohne Beden­ken im Sand­kas­ten bud­deln kön­nen. Daher wer­den wir die Rei­ni­gung durch die BSR aus­bau­en und den Bezir­ken die bis­he­ri­gen Gel­der für die Park­pfle­ge über­las­sen. Und wir wer­den kei­ne neu­en Son­der­ein­hei­ten für Spe­zi­al­ge­bie­te schaf­fen – die SPD nennt das Müllshe­riffs! Nein, wir spie­len nicht „Wil­der Wes­ten“, denn das macht gar kei­nen Sinn. Wir wer­den die Umwelt- und vor allem die Ord­nungs­äm­ter stär­ken. Die Bezir­ke und Kieze Ber­lins sind so unter­schied­lich, da macht es am meis­ten Sinn, die Fach­kräf­te vor Ort zu stär­ken. Denn ihr wisst doch vor Ort am bes­ten, was zu tun ist.

Lie­be Freun­din­nen und Freun­de,

bei uns Grü­nen hieß es immer: glo­bal den­ken, lokal han­deln. Und ich sage euch, wer die Welt­mee­re ret­ten will, wer also die­se Erde ret­ten will, wer will, dass die Wale nicht mehr an Plas­tik elen­dig ver­en­den, und wer will, dass wir uns kei­ne neu­en Namen mehr für noch grö­ße­re Plas­tik­strö­me im Oze­an aus­den­ken müs­sen, der muss heu­te und hier begin­nen, dem Müll end­lich den Kampf anzu­sa­gen und lokal han­deln!

Daher bit­te, unter­stützt jetzt unse­ren Antrag und nehmt dann einen schö­nen Schluck aus eurem neu­en Mehr­weg­be­cher. Und ret­tet die Wale!

Prost!