Positionspapier Entkriminalisierung Sofort

Seit 25 Jah­ren kämp­fe ich dafür, bald ist es so weit: In Deutsch­land wird der Besitz von Can­na­bis in Men­gen des Eigen­be­darfs lega­li­siert! Doch bis der Bun­des­tag das Gesetz ver­schie­det und im Bun­des­ge­setz­blatt ver­öf­fent­licht ist, dau­ert es noch ein biss­chen. Doch so lan­ge wol­len wir nicht war­ten!

Wir müs­sen end­lich aner­ken­nen, dass das Straf­recht die fal­sche Ant­wort für harm­lo­se Kiffer*innen ist. Die Senats­ver­wal­tun­gen für Jus­tiz und Inne­res sol­len die bestehen­de Pra­xis aus­wei­ten, damit der Joint im Park schon jetzt nicht mehr ver­folgt wird. Die Kri­mi­na­li­sie­rung von Drogenkonsument*innen ist ein Relikt aus dem letz­ten Jahr­tau­send und muss ein Ende haben. Wer in die Abhän­gig­keit rutscht, braucht Hil­fe und kei­ne poli­zei­li­che Ver­fol­gung. Das Recht auf Rausch soll­te in einer Stadt der Frei­heit wie Ber­lin selbst­ver­ständ­lich sein, das klappt auch ohne die Men­ta­li­tät einer baye­ri­schen Dorf­po­li­zei.

Zusam­men mit Vali­si Fran­ko, Spre­cher für Dro­gen- und Innen­po­li­tik der Grü­nen Frak­ti­on im Abge­ord­ne­ten­haus, habe ich ein Posi­ti­ons­pa­pier ver­öf­fent­licht. Dar­in for­dern wir:

  1. Aus­set­zung der Ver­fol­gung von Cannabiskonsument*innen bei gerin­ger Men­ge (bis 15 Gramm)
    §31a Betäu­bungs­mit­tel­ge­setz (BtMG) ermög­licht ein Abse­hen von Straf­ver­fah­ren bei gerin­gen Men­gen. Die­se sind in Ber­lin der­zeit so gere­gelt, dass die Staats­an­walt­schaft das Ver­fah­ren bei Delik­ten unter 10 Gramm grund­sätz­lich ein­stellt und unter 15 Gramm in der Regel ein­stellt. Da die Rege­lung im BtMG bereits in der Norm selbst dar­auf ange­legt ist, den Gebrauch von gerin­gen Men­gen zu ent­pöna­li­sie­ren, soll­te bei gerin­gen Men­gen bereits von Sei­ten der Poli­zei von der Ver­fol­gung abge­se­hen und auf die Ein­lei­tung eines Ver­fah­rens ver­zich­tet wer­den. Dies kann durch eine Ände­rung der Gemein­sa­men All­ge­mein­ver­fü­gung von Sen­Jus­t­VA und Sen­Inn­DS zur Umset­zung des § 31a BtMG erfol­gen. Dies soll nicht nur für den Erst­kon­sum gel­ten, son­dern auch für den Gele­gen­heits­kon­sum.
  2. Kei­ne Beschlagnahme/Vernichtung von Can­na­bis bei offen­sicht­lich gerin­ger Men­ge
    Der­zeit ist die Poli­zei ange­hal­ten bei jedem Auf­grei­fen von Cannabiskonsument*innen ein­zu­schrei­ten, ein Ver­fah­ren ein­zu­lei­ten und das dabei beschlag­nahm­te Can­na­bis zu aser­vie­ren bzw. im Anschluss zu ver­nich­ten. Auch hier lässt sich mit dem Sinn und Zweck der Norm des § 31a („Ent­pöna­li­sie­rung“) argu­men­tie­ren, dass eben kei­ne Straf­bar­keit bei gerin­ger Men­ge vor­herrscht. Wenn dies offen­sicht­lich fest­stell­bar ist (also kei­ne gro­ßen Mengen/kein Ver­dacht auf Han­del) liegt kein Grund vor, ein straf­recht­li­ches Ver­fah­ren ein­zu­lei­ten, da kei­ne Straf­tat vor­liegt und somit auch kein Grund zur Kon­fis­zie­rung des Can­na­bis.
  3. Ent­kri­mi­na­li­sie­rung des Besit­zes von ande­ren Dro­gen bei gerin­ger Men­ge 
    Ber­lin gilt zwar als libe­ra­les Bun­des­land, was stets auf die gel­ten­de gerin­ge Men­ge von 15 Gramm zurück­ge­führt wird. Dabei haben ande­re Bun­des­län­der, (exem­pla­risch Schles­wig-Hol­stein oder Nord­rhein-West­fa­len) wie auch durch das BtMG vor­ge­se­hen, die gerin­ge Men­ge auf wei­te­re Sub­stan­zen aus­ge­wei­tet (z.B. Ecsta­sy-Pil­len, MDMA, Amphet­ami­ne, Koka­in). Hier­bei han­delt es sich um deut­lich gerin­ge­re Kon­sum­ein­hei­ten. Dies dient ins­be­son­de­re dazu die Kri­mi­na­li­sie­rung und Stig­ma­ti­sie­rung von dro­gen­ab­hän­gi­gen Per­so­nen zu ver­rin­gern oder auch Konsument*innen von weit geläu­fi­gen „Par­ty­dro­gen“ nicht – wie der­zei­ti­ge Pra­xis – will­kür­lich zu kri­mi­na­li­sie­ren. Flan­kie­ren­de auf wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen basie­ren­de Auf­klä­rung und Prä­ven­ti­ons­an­ge­bo­te sind dabei als Teil einer umfas­send fak­ten­ba­sier­ten Dro­gen­po­li­tik zu ver­ste­hen.
  4. Ent­kri­mi­na­li­sie­rung in den §§ 29 ff. BtMG vor der Lega­li­sie­rung von Can­na­bis
    Die bis­her vor­ge­schla­ge­nen Rege­lun­gen bezie­hen sich auf die Hand­lungs­mög­lich­kei­ten des Lan­des Ber­lin. Mit den Punk­ten 1–3 könn­te Ber­lin ein Zei­chen für die pro­gres­sivs­te Dro­gen­po­li­tik unter den Bun­des­län­dern set­zen. Aller­dings gibt es bereits seit Jah­ren grund­sätz­li­che fach­po­li­ti­sche und juris­ti­sche Kri­tik an der Aus­ge­stal­tung der Kri­mi­na­li­sie­rungs­nor­men im Betäu­bungs­mit­tel­recht. Hier soll­te bereits jetzt durch den Bund klar­ge­stellt wer­den, dass der Eigen­ge­brauch ohne Beein­träch­ti­gung Drit­ter und unter Wah­rung von Jugend­schutz grund­sätz­lich kein Gegen­stand poli­zei­li­cher oder staats­an­walt­schaft­li­cher Auf­ga­ben sein soll­te. Gleich­zei­tig könn­ten hier Mög­lich­kei­ten geschaf­fen wer­den, dass im Rah­men von Wis­sen­schaft, Prä­ven­ti­on und Sucht­hil­fe der Umgang mit ent­spre­chen­den Sub­stan­zen gelo­ckert wird (z.B. Drug­che­cking in Dro­gen­kon­sum­räu­men ermög­li­chen). Da mit einer Ver­ab­schie­dung eines Can­na­bis­kon­troll­ge­setz durch den Bund erst im Jahr 2023 zu rech­nen ist, soll­ten bereits jetzt die ein­fa­chen und schnell umsetz­ba­ren Rege­lun­gen durch den Bund ange­packt wer­den.
  5. Amnes­tie­re­ge­lun­gen für Cannabiskonsument*innen bei Besitz­de­lik­ten
    Für eine Amnes­tie­re­ge­lung braucht es eben­falls eine Rege­lung nach Bun­des­ge­setz. Men­schen, gegen die ein Straf­ver­fah­ren aus­schließ­lich wegen Besitz sowie Anbau, Han­del (in min­der schwe­ren Fäl­len sowie ohne Zusam­men­hang mit Gewaltdelikten/Waffenrechtlichen Ver­fah­ren) geführt wur­de und wird, sol­len unter eine Amnes­tie­re­ge­lung fal­len. Behör­den­ein­trä­ge sind zu löschen, noch offe­ne Gefäng­nis­stra­fen sind zu erlas­sen und lau­fen­de Ver­fah­ren kos­ten­frei ein­zu­stel­len.
    Berufs­ver­bo­te sind auf­zu­he­ben. Wer die Fol­gen eines Berufs­ver­bo­tes (ent­stan­de­ne Kosten/ feh­len­de Lebens­grund­la­ge) oder einen Frei­heits­ent­zug erlit­ten hat (Psych­ia­trie, Gefäng­nis), wird reha­bi­li­tiert und erhält eine finan­zi­el­le Ent­schä­di­gung, sofern es sich um gewalt­freie Can­na­bis-Delik­te han­delt. Auch ent­zo­ge­ne Füh­rer­schei­ne sol­len wie­der erteilt wer­den.

Auch auf der Hanf­pa­ra­de 2022 durf­te ich zu die­sem The­ma spre­chen:

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